Bei Strawinsky, dessen langer Schaffensweg von den russischen Balletten bis hin zu seriellen Spätwerken viele Phasen durchlief, vollzog sich die
Abkehr von der Romantik unter anderem durch ironische Brechung und durch Bezugnahme auf
vorromantische Epochen.
So begann er im Zusammenhang mit der Komposition des Balletts Pulcinella (1920), zu dem Pablo Picasso das Bühnenbild entwarf, sich durch die
Bearbeitung von Manuskripten Pergolesis mit der Musik des 18. Jahrhunderts auseinanderzusetzen.
In seiner 1924 entstandenen und von ihm selbst in Konzerten aufgeführten Sonate für Klavier war es sein Anliegen eine Sonate im Sinne des
17. Jahrhunderts zu schreiben.
In allen Sätzen dieses virtuosen Werkes werden Eigenschaften der Musik für Tasteninstrumente
des 17. Jahrhunderts aufgegriffen.
So beginnt und schließt der erste Satz mit einer unisono geführten toccatenartigen Triolenbewegung, deren motorischer Impuls den ganzen Satz
prägt.
Mit den Figurationen des zweiten Satzes knüpft Strawinsky an barocke langsame Sätze an - wie den reich verzierten zweiten Satz des Italienischen
Konzertes von Bach.
Der inventionsartige dritte Satz verweist wiederum auf Bach, mit dessen Inventionen sich Strawinsky zu dieser Zeit beschäftigte und von
deren Klaviersatz er beeindruckt war.
Ein Feuerwerk an witzigen und ironischen Zitaten - Strawinskys Sonate für Klavier 1924
Neben diesem Bezug auf Bach ist die Sonate ins-
gesamt ein „Feuerwerk an witzigen und ironischen Zitaten“, wie Fabio Romano
es beschreibt.
Wie Johann Sebastian Bach hat auch Igor Strawinsky die gesamte vorherige Musikgeschichte zu seiner künstlerischen Grundlage gemacht.